Die Lilien


Nach 33 Jahren.... Die Wahnsinnigen sind zurück



"Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag"

(Ernst Happel)

Wie ich Lilienfan wurde

Was mich betrifft so bin ich, was Fußball angeht, seit dem Sommer 1973 und dem Heimspiel der Lilien gegen RW Essen in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga, absolut unzurechnungsfähig. Ein Besessener, der schon am Freitag vor dem Spiel, wie ein Drogensüchtiger kurz vor der Injektion, zitternd auf den Anpfiff des nächsten Spiels wartet. Spielen die Lilien nicht, dann zittere ich eben in Vorfreude auf Samstag 18 Uhr wenn die Sportschau beginnt.

 

Begonnen hat meine Leidenschaft genau damals vor jetzt über 40 Jahren. Ich rumpelte mit meinen Freunden Norbert und Roland und deren Vater mit der guten alten "Elektrischen" vom Luisenplatz über die Nieder Ramstädter Straße zum Stadion am Böllenfalltor. Vor den Toren hatten sich lange Schlangen gebildet. Einige trugen blau weiße Schals, andere wiederum waren wie ich ganz in zivil gekleidet. Von den Bratwurstbuden strömte der Duft all dieser herrlichen Köstlichkeiten, das Bier floss in Strömen. In der Luft lagen dichter Zigaretten und Zigarrenqualm, es roch nach Rauch und Männerschweiß und die Zuschauer ergingen sich im berüchtigten Darmstädter Zweckpessimismus. "Heit krieje mer drei Stieck un dann is de Käs gegesse..."Optimismus sah wirklich anders aus. Aber so ist er nun mal, der Darmstädter, auch heute noch. Ein unverwüstlicher Zweifler und Nörgler. Aber auch bereit sich jederzeit bis zur Ekstase für seinen Verein zu engagieren und ihn gegen all die Widrigkeiten des Fußballs und der Schiedsrichter im allgemeinen bis aufs Messer zu verteidigen ("Du blind Nuss, wann des Abseits wor, dann haas isch Hansworscht du Hannebambel...").

 

Und eben in dieser Brutstätte der Fußballhochkultur wurde der kleine Jürgen zum Lilienjünger, der er bis heute geblieben ist. Vielleicht sind die Sitten heute am Bölle etwas rauer, aber der brachiale Humor der heimischen Fans aller Altersschichten hat sich bis heute kaum geändert. Gottseidank....

 

Das Spiel endete übrigens 2:2 und die Lilien stiegen nicht auf. Aber ich  hatte die Ehre den großen, wegen seines unnachahmlichen Laufstils "die Ente" genannten, Willi Lippens bewundern zu dürfen, den legendären Spielmacher der Essener Rot Weißen. Nie werde ich den Moment vergessen als er den Zuschauern beim Aufwärmen freudig zuwinkte und diese sich mit einem tausendstimmigen "Wack, wack,wack..." dafür bei ihm bedankten. Auch in Darmstadt hatte man ein Herz für die Ente...

 

Zweimal noch stiegen die 98er in die höchste deutsche Spielklasse auf. 1978 und 1981. Nach jeweils einem Jahr mussten wir wieder absteigen. Aber wir hatten jede Menge Spaß und durften uns seither Ex-Bundesligist nennen.

 

Nachtrag: Inzwischen sind die LILIEN nach einer beeindruckenden Relegation, nach einem 1:3 zu Hause und einem überragenden 4:2 bei Arminia Bielefeld endlich nach 21 Jahren wieder in die 2.Liga aufgestiegen. Die Gruppe der Wahnsinnigen um Trainer Dirk Schuster, wie es Präsident Fritsch nannte, hat den absoluten Wahnsinn perfekt gemacht. Sportlich abgestiegen in der Vorsaison und nur dank der Lizenzverweigerung für den OFC in der Liga geblieben, schafft der SV98 eines der größten Wunder der deutschen Fußballgeschichte.

 

Das nächste Wunder ist inzwischen vollbracht. Die Lilien sind in der ersten Bundesliga. Nach einem Herzsschlagfinale wie es die zweite LIga noch nicht erlebt hat. Und das nach 33 Jahren! Wir alle freuen uns wie wahnsinnig mit den Wahnsinnigen vom Böllenfalltor. Lasst es nochmal krachen Jungs...

 

 

Und immer wieder

Sind es dieselben Lieder

Die sich anfühlen

Als würde die Zeit stillstehen

Denn es geht nie vorüber

Dieses alte Fieber

Das immer dann hochkommt

Wenn wir zusammen sind

 

Altes Fieber (Die Toten Hosen)

"Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen  Mannschaft"

(Jean-Paul Sartre)